Frauentag: Nichts gegen Blumen, aber …
Blumen? Natürlich. Doch die Frage, wie der Internationale Frauentag am 8. März „richtig“ gefeiert wird und worum es dabei eigentlich geht, stellt sich jedes Jahr von neuem. Deshalb sollen an dieser Stelle die starken Frauen in unserer BSW-Stadtratsfraktion zu Wort kommen. Ihre Gedanken zum Frauentag sind nicht von Blumen und Pralinen geprägt, sondern von der politischen Tradition des Tages, der 1911 zum ersten Mal begangen wurde.
Gunda Thielking
Geschäftsführerin BSW-Fraktion
Dieses Land wurde von Frauen nach dem Zweiten Weltkrieg von den Trümmern befreit und durch die Hungerjahre getragen. Wer Frauen und ihre unersetzbare Arbeit wirklich wertschätzt, schickt sie nicht in die Altersarmut.
Evelina Geißler
Referentin BSW-Fraktion
Ich würde mich als Feministin bezeichnen, ohne das groß hinauszuposaunen. Aber meine drei Töchter wissen, dass Frauen früher nicht studieren durften, dass sie teils nur als Hausfrau vorgesehen waren und bis in die jüngere Vergangenheit hinein kein Wahlrecht hatten. Ich kann mich nur wundern, wenn ich mir von Frauen anhören muss, dass Feminismus ihnen gestohlen bleiben kann, denn, so lautet ihre Begründung, „ich brauche niemanden, der mir die Tür aufhält“. Was hat denn bitteschön das eine mit dem anderen zu tun? Es geht nicht um kleine Aufmerksamkeiten von Seiten der Männer, sondern um Gleichberechtigung. Ist diesen Frauen denn nicht bewusst, dass all die Bürgerrechte, die Frauen heutzutage haben, erkämpft werden mussten?
Eine bis heute offene Forderung ist die nach gleicher Bezahlung von Männern und Frauen. Es kann ja eigentlich nicht so schwer sein anzuerkennen, dass es ungerecht ist, wenn Frauen bei gleicher Arbeit weniger verdienen. Aber statt alle Energie darauf zu richten, das zu ändern, wird eine Debatte um das Gendern vom Zaun gebrochen und damit um Worte, nicht Taten. Für mich ist Gendersprache schon mal nicht schön, aber vor allem bin ich genervt davon, wenn man sie mir geradezu aufzwingen will. Als praktisch denkender Mensch finde ich das einen Eifer an der völlig falschen Stelle. Ich bezweifle, dass er etwas zur Problemlösung beiträgt. Wer will, soll das so machen, da bin ich tolerant. Aber ich erwarte Toleranz auch von der anderen Seite.
Berit Schönfeld
Stadträtin BSW-Fraktion
Ich möchte auf die Situation von Alleinerziehenden aufmerksam machen. Zum ganz überwiegenden Teil sind das Frauen. Und als Mutter von zwei Jungen, die heute 11 und 20 Jahre alt sind, weiß ich, was das bedeutet. Alleinerziehende arbeiten oft weniger Stunden, um Kinder, Haushalt und Beruf irgendwie unter einen Hut zu bekommen. Weil damit auch die späteren Rentenansprüche niedriger ausfallen, ist das der erste Schritt in die Altersarmut. Andere versuchen, immer an der Stundenobergrenze zu arbeiten, so war das auch bei mir. Denn schließlich soll es den Kindern an nichts fehlen, wobei ein größerer Urlaub allerdings trotzdem relativ utopisch ist. Es ist ein Kampf – zwischen Armutsgrenze und Burnout. Entweder man arbeitet bis zur totalen Erschöpfung oder man hat kaum genug zum Leben.
Es wird einem mit Kind in Deutschland auch nicht unbedingt leicht gemacht. Kinder haben nicht wirklich eine Lobby. So lange sie klein sind, besteht für die Mütter kaum die Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Manchmal wird man gleich von vornherein ausgeschlossen nach dem Motto „Die hat sowieso keine Zeit“. Tendenziell gerät man an den Rand der Gesellschaft.
Was ich mir wünschen würde, wäre mehr Verständnis von Seiten der Arbeitgeber. Wir brauchen genug Betreuungsangebote und so flexible Arbeitsmodelle, dass Frauen der Wiedereinstieg in den Beruf erleichtert wird. Und dann: Kinder sind immer mal krank. Dann zu Hause zu bleiben, was ja unausweichlich ist, bedeutet Verdienstausfall. Mein Arbeitgeber gleicht ihn zum Glück aus, aber viele tun das nicht. Und das, obwohl Frauen ohnehin meist weniger Geld verdienen als Männer. So kommt eine Ungerechtigkeit zur nächsten. Es gibt also noch viel zu überdenken und zu verbessern.
Was es mit dem Foto zu diesem Text auf sich hat, kann hier nachgelesen werden. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Frauentag_1914_Heraus_mit_dem_Frauenwahlrecht.jpg