BSW macht sich für DDR-Garagen stark
Chemnitz thematisiert seine Garagenhöfe aus DDR-Zeiten prominent im Kulturhauptstadtjahr 2025. Auch nebenan in Dresden beschäftigen die Garagen gerade wieder die Öffentlichkeit, allerdings aus ganz anderen Gründen. Die Stadt will eine Reihe von Höfen abreißen, darunter auch eine Anlage an der Zschonergrundstraße in Kemnitz. BSW-Stadtrat Maurice Devantier hat sich dort mit Nutzern getroffen. Sie können über die Pläne nur den Kopf schütteln.
Eine Handvoll Menschen hat sich zum Gespräch auf dem Garagenhof an der Zschonergrundstraße eingefunden. Es wären sicherlich noch viel mehr gekommen, meint einer fast entschuldigend, aber an einem Montagvormittag könne eben nicht jeder. Neulich, bei einer Veranstaltung, „da war hier alles voll“, berichtet er.
Garagennutzer gelten ohnehin als ein Völkchen, wo jeder jeden kennt und man neben den rein praktischen Aspekten auch die nachbarschaftliche Nähe schätzt. Doch nun haben die Nachrichten das Zusammengehörigkeitsgefühl noch gestärkt. Aus der Zeitung mussten die Leute erfahren, dass die Stadt ihren Garagenhof abreißen will, um die Fläche zu begrünen und damit Baumaßnahmen an anderer Stelle ökologisch zu kompensieren. Vor Ort wird schnell klar, dass das auf dem Papier funktionieren mag, aber letztlich reine Symbolpolitik ist. Ein paar Bäume anstelle der 24 Garagen zu pflanzen, hat auf die Umweltbilanz von Dresden keinerlei Einfluss, jedoch sehr konkrete Folgen für die betroffenen Garagenpächter.
Der Garagenhof befindet sich etwa 200 Meter von der A4 entfernt am Rande eines Waldgebiets, durch das der Zschonerbach fließt, bevor er ein Stück weiter östlich in die Elbe mündet. Grün ist auch die nähere Umgebung mit dem Zschonergrund, der sich speziell am Wochenende großer Beliebtheit bei Ausflüglern erfreut. Einen Parkplatz an der Zschonergrundstraße zu finden, wo nur eine Straßenseite dafür zur Verfügung steht, ist dann ein Glücksfall.
Kein Wunder also, dass die Garagennutzer alles andere als begeistert sind von einer Perspektive, bei der sie ihre Pkw nicht nur am Straßenrand statt geschützt im Trockenen abstellen müssen, sondern das Vorhandensein eines Parkplatzes überhaupt ungewiss ist. Weiter argumentieren sie in einem Protestschreiben, dass das relativ kleine Grundstück „nicht als Ausgleichsfläche für einen riesigen Industriestandort herhalten“ könne, zumal der Garagenhof noch mal kleiner sei als das Grundstück, für das Pacht an die Stadt entrichtet wird. Kurzum: Eine Kündigung seitens der Stadt werde man „nicht akzeptieren“.
Garagenhöfe wie dieser werden oft als „Relikt“ aus DDR-Zeiten bezeichnet. Das klingt nach einem Erbe, dessen Tage gezählt sind und das seiner eigentlichen Bestimmung beraubt ist.
Die Garagen am Zschonergrund erfüllen jedoch nach wie vor ihren ursprünglichen Zweck: Sie dienen der Unterstellung von Fahrzeugen, darunter Oldtimern und Motorrädern, und sind nebenbei Rumpelkammern, wie sie es schon früher waren. Der eine oder andere Nutzer hat sogar mit Hand angelegt, als der Hof 1977 in Eigenleistung auf volkseigenem Grund und Boden errichtet wurde. Nach der Wende ging er in städtisches Eigentum über.
Das funktional-schmucklose Aussehen der beiden Garagenreihen muss man nicht mögen. Aber das Gelände war über die Jahrzehnte neben seiner Kernfunktion auch Treffpunkt und Spielplatz, Teil eines gelebten Miteinanders, ein wahrer Mikrokosmos an Geschichten. In Chemnitz, Europas Kulturhauptstadt 2025, hat man Garagenkomplexen einen Vorzugsplatz im Programm eingeräumt. Sie können erkundet oder im Rahmen von Ausstellungen und Veranstaltungen besucht werden. Dabei geht es natürlich nicht nur um die Standorte an sich, sondern auch die Menschen, für die sie ein Stück Heimat waren und sind. Das Projekt #3000Garagen ist dabei dem Oberbegriff „Osteuropäische Mentalität“ zugeordnet. Die Veranstalter bezeichnen Chemnitz als „osteuropäische Stadt in einem westeuropäischen Land“. Garagen tragen zum Verständnis dessen bei, was das bedeutet.
In Dresden beherrscht währenddessen nicht Identität die Diskussion, sondern das weitere Schicksal der Flächen, auf denen sich die Garagen befinden. Der Stadtrat hat bereits 2023 beschlossen, bei Abrissplänen mitreden zu dürfen und die jeweiligen Vorhaben der Stadt zu prüfen. Eine Entscheidung darüber, was aus dem Garagenhof an der Zschonergrundstraße wird, ist somit noch nicht gefallen. Doch allein schon die Tatsache, dass sie bisher niemand kontaktiert und sich für die Lage vor Ort interessiert hat, macht die Nutzer misstrauisch. Wohin mit ihrem Unmut, wissen sie auch nicht so recht. Mehrere Stadträte, an die sie sich gewandt haben, ließen Mails mit einer Schilderung der Situation unbeantwortet.
Umso dankbarer waren die Betroffenen für das Treffen mit BSW-Stadtrat Maurice Devantier. Er will sich nun im Umweltausschuss und im Stadtrat für den Erhalt der Garagenhöfe einsetzen. An der Zschonergrundstraße, wo das Grundstück bereits zu einem Drittel aus Wald bestehe, sei ein Abriss als Ausgleichsmaßnahme für die Versiegelung anderer grüner Insel im Stadtgebiet geradezu exemplarisch nicht nachvollziehbar, so Maurice Devantier. „Die Verwaltung sollte besser das bestehende Grün erhalten und nicht die gesamte Innenstadt so zupflastern wie den Postplatz. Dann könnten die Anwohner ihre zum Teil selbst gebauten Garagen behalten und würde das Parkproblem nicht weiter verschärft.“