Berit Schönfeld, Stadträtin

Berit Schönfeld
Berit Schönfeld
Berit Schönfeld

Für mehr Gemeinsinn in ihrer Stadt

Die Menschen, denen Berit Schönfeld (51) dabei hilft, ihren Alltag wieder zu meistern, haben einiges durchgemacht. Psychische Erkrankungen, eine Suchtdiagnose: Das ist der Grund, weshalb sich die Sozialpädagogin Tag für Tag in den Sattel schwingt und mit ihrem Fahrrad Dutzende Kilometer in Dresden zurücklegt, um die Betroffenen in ihren Wohnungen auf dem Weg zurück in die Selbstständigkeit zu begleiten, Fortschritte zu verstetigen, Strukturen in kleinen Schritten neu zu erlernen.

Was ihre Schützlinge nicht wissen: Auch Berits Leben ist nicht immer geradlinig verlaufen. Allein ihre berufliche Biografie liest sich, als hätten daran mehrere Leute mitgeschrieben. Aber – um nur einige Stationen zu nennen – die Krankenschwester in der Ausbildung, die Kosmetik-Verkäuferin, die Besitzerin eines Bekleidungsladens, die Mitarbeiterin eines Gästehauses und die Hostess, die Kreuzfahrtpassagiere im Bus zum Hafen von Genua versorgte, das ist alles ein und dieselbe Person. Eine dreijährige Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau brachte sie in nur zwei Jahren hinter sich. Aber das war eher, um einen Abschluss in der Tasche zu haben. Das Richtige für sich fand sie erst nach ihrem Sozialpädagogik-Studium. Ambulant betreutes Wohnen könnte man durchaus als Traumjob bezeichnen, denn das ist es, was sie schon immer wollte: „mit Menschen arbeiten“.

Dresden bedeutet Berit Schönfeld viel. „Das ist meine Stadt“, sagt sie. Schon als Kind habe sie Dresden geliebt, das auch in der Familiengeschichte einen festen Platz einnimmt. So verlobten sich ihre Eltern einst im Luisenhof oberhalb vom Blauen Wunder. Doch groß wurde die heutige BSW-Stadträtin in einer ganz anderen Ecke von Sachsen, nämlich in Mühlau bei Chemnitz. Ohne die Wende wäre sie vielleicht Näherin geworden, wie so viele in diesem Dorf mit seinen Textilfabriken. Im wiedervereinten Deutschland ging es mit Mühlau wirtschaftlich bergab. Von der Textilindustrie wie auch von einer der größten Obstplantagen der DDR ist nichts übriggeblieben. Die Gemeinde hat sich herausgeputzt, aber Arbeit gibt es dort so gut wie keine mehr.

Berit zog nach Dresden, „der Liebe wegen“. Zwischenzeitlich lebte sie zehn Jahre in Köln, kam jedoch zurück in die Heimat. Dort hatte sich inzwischen die Stimmung gedreht, wie sie erschrocken feststellen musste. Es war die Zeit, in der alles über Pegida sprach. Und wenngleich Berit enttäuschte Erwartungen an die deutsche Einheit nachvollziehen kann, bedauert sie eine Verhärtung des Umgangs miteinander: „Die Leute sind nicht mehr ganz so freundlich, fröhlich und offenherzig, wie ich das früher in Dresden empfunden habe.“ Sie versucht selbst, im Alltag Freundlichkeit auszustrahlen. Und sie wünscht sich mehr Gemeinsinn, schließlich sei man als Einzelner ständig auf seine Mitmenschen angewiesen. Deshalb, so die Mutter von zwei Söhnen, sollte man sich unbedingt „umeinander kümmern“ – im Haus, im persönlichen Umfeld. Das fehle ihr oft.

Ihr Stadtratsmandat hat Berit Schönfeld erst im Februar 2025 angetreten, rund acht Monate nach der Kommunalwahl vom Juni 2024. In der BSW-Fraktion rückte sie für den aus persönlichen Gründen ausgeschiedenen Jan Matheas nach. Das hat eine lange Vorgeschichte. Schon die Eltern attestierten Berit einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit. Als sie dann wählen durfte, machte sie ihr Kreuz bei der Linken, die aus ihrer Sicht aber zunehmend versagte. Bei der Bundestagswahl 2021 sah sie letztlich keinen anderen Ausweg, als ihren Stimmzettel ungültig zu machen.

Aber da war ja noch Sahra Wagenknecht. „Vor Sahra habe ich schon immer den Hut gezogen und mich von ihr verstanden gefühlt. Halb im Spaß, halb im Ernst habe ich mir gesagt: Wenn diese Frau irgendwann eine Partei gründet, woran damals noch gar nicht zu denken war, dann gehe ich in die Politik.“ Die Welt wird Berit im Ehrenamt als Stadträtin nicht gleich retten können, „auch wenn ich mir das jedes Mal vornehme“, wie sie lachend hinzufügt. Aber auch kleine Verbesserungen, darunter im sozialen Bereich, haben für die betroffenen Menschen schließlich oft eine große Wirkung, dafür will sie kämpfen. In der Fraktion hat sie die Bereiche Soziales und Wohnen sowie Petitionen und Bürgerbeteiligung übernommen.

Fotos (außer Stadtrat): Lense of Sense