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„In Dankbarkeit“: BSW ehrt Befreier
8. Mai 2025

80. Jahrestag der Befreiung - politisch ignoriert

Geschichtsvergessenheit: Kein offizielles Gedenken der Landeshauptstadt zum 80. Jahrestag der Befreiung +++ BSW-Stadtratsfraktion legt Kranz am sowjetischen Ehrenmal nieder

Der 8. Mai ist einer der wichtigsten Gedenktage in und für Dresden. Was ohnehin niemand ernsthaft bestreiten wird, hat Oberbürgermeister Hilbert auch wortwörtlich so gesagt, nämlich am 8. Mai 2020. Damals fand auf dem sowjetischen Garnisonsfriedhof in Dresden zum 75. Jahrestag der Befreiung eine offizielle Gedenkfeier statt, an der neben Hilbert unter anderem der sächsische Ministerpräsident Kretschmer teilnahm.

Und diesmal, am 8. Mai 2025? 80 Jahre, nachdem der von Deutschland angezettelte furchtbarste Krieg der Menschheitsgeschichte endete und Europa von der faschistischen Terrorherrschaft befreit war, ist das den Verantwortlichen der Landeshauptstadt Dresden kein offizielles Gedenken an die Befreier wert. Protokollarische Veranstaltungen seien nicht geplant, antwortete Kulturbürgermeisterin Klepsch bereits in der Februar-Stadtratssitzung auf eine entsprechende Frage der BSW-Fraktion. Sie verwies stattdessen auf ein umfangreiches Kulturprogramm zum Thema. Für das BSW wird die Stadt damit der historischen Bedeutung des 8. Mai nicht annähernd gerecht. Ralf Böhme, Vorsitzender der BSW-Fraktion im Stadtrat: „Geschichtsvergessenheit gewinnt in Folge der aktuellen politischen Propaganda leider die Oberhand.“

2020 war das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland zwar längst stark getrübt, ließ aber immerhin ein gemeinsames Gedenken auf dem Garnisonsfriedhof zu. Der Feind über alle Ländergrenzen hinweg hieß damals Corona. Seitdem haben sich die Fronten verschoben. Doch was hat das mit den geschichtlichen Ereignissen von 1945 zu tun? Und damit, dass Dresden am 8. Mai 1945 von Soldaten der Roten Armee befreit wurde: Russen, Ukrainern und anderen Angehörigen der 5. Gardearmee? Damit, dass die Sowjetunion die militärische Hauptlast beim Kampf gegen die Wehrmacht trug und unfassbare Opfer zu beklagen hatte – bis zum letzten Tag des Krieges und auch noch in Dresden? Es ist kaum zu glauben, dass diese Leistung aus aktuellen Erwägungen heraus an einem runden Jahrestag nicht auch politisch gewürdigt wird.

Die BSW-Fraktion wird am 8. Mai einen Kranz am sowjetischen Ehrenmal auf dem Olbrichtplatz niederlegen, in Dankbarkeit gegenüber den Befreiern von damals und im Bewusstsein, dass die Geschichte des Zweiten Weltkrieges Mahnung genug sein muss, um Fehler aus der Vergangenheit nicht zu wiederholen.

Der Landtag hatte Ende März beschlossen, dass der 8. Mai in Sachsen künftig ein offizieller Gedenktag ist. Merken davon werden die Dresdner allerdings nicht viel, wenn noch nicht einmal das Rathaus die entsprechenden Signale sendet. Immerhin: Eine vom Stadtrat im Herbst 2023 beschlossene Sanierung des sowjetischen Ehrenmals wurde fristgerecht vor dem 8. Mai abgeschlossen.  Wie die Stadtverwaltung mitteilte, seien „die Plastik, die Schrifttafeln und der Sockel restauriert und das Umfeld durch eine Reparatur der Rasen- und Pflasterfläche wiederhergestellt“ worden. Die Kosten hätten sich – wie geplant – auf rund 127.500 Euro belaufen.

Das Denkmal aus Meißner Granit war am 25. November 1945 auf dem Albertplatz, damals Platz der Roten Armee und in der späteren DDR Platz der Einheit, errichtet worden. Als Standort nutzte es die eine Seite der dortigen Zwillingsbrunnenanlage aus dem 19. Jahrhundert, nämlich die „Stürmischen Wogen“. Entworfen hatte es der Bildhauer Otto Rost, der zwar NSDAP-Mitglied gewesen war, aber sich auskannte mit solchen Arbeiten. Als die Sowjetarmee aus dem wiedervereinigten Deutschland abzog, zog auch sein Werk um: Es kam 1994 vom Albertplatz in die traditionell militärisch geprägte Albertstadt (wo sich auch die sowjetische Garnison befunden hatte). 2,8 Kilometer weiter nordöstlich wurde es in einer Parkanlage nahe dem Militärhistorischen Museum der Bundeswehr – dem früheren Armeemuseum der DDR – wieder aufgestellt.

Das Ehrenmal steht unter Denkmalschutz. Es soll im Rahmen einer sogenannten Kontextualisierung bis zum 8. Mai noch um eine Informationstafel in mehreren Sprachen ergänzt werden. Die hat sich die Stadt weitere 25.000 Euro für „Planung, Herstellung und Errichtung“ kosten lassen.

UPD: Die Stadt hat heute darüber informiert, dass die Kontextualisierung abgeschlossen sei, und den entsprechenden Text auf ihrer Homepage veröffentlicht. Er beschreibt vor allem die Entstehungsgeschichte des Denkmals sowie das Denkmal selbst. Seine Bedeutung sei „bis heute umstritten“, heißt es. Erstellt hat den Text die AG Sowjetisches Ehrenmal im Beirat für Erinnerungskulturen, der vor rund einem Jahr gebildet worden war. Bürgermeisterin Klepsch wird in der SZ mit den Worten zitiert, es brauche eine Einordnung, die sich kritisch mit dem Mahnmal und seiner Historie auseinandersetzt“. Die Stadt hat auch eine Themenseite zu dem Denkmal eingerichtet, einem von drei dort verzeichneten „unbequemen Gedenkobjekten“. Unter anderem wird die Frage aufgeworfen, ob Dresden überhaupt befreit und nicht vielmehr besiegt und besetzt worden sei. Dies werde „bei der historischen Aufarbeitung diskutiert“.