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Der „Dresden-Trott“ und andere Stolperfallen

Es ging um die Carolabrücke, die Springbrunnen, um Wochenmärkte und das Heinrich-Schütz-Konservatorium, um nur einige Themen zu nennen. Die Mai-Sitzung des Stadtrats war erst kurz vor 22 Uhr – nach fast sechs Stunden – beendet. Worüber die Stadträte des BSW in ihren Reden sprachen und welche Akzente sie dabei setzen, lesen Sie hier.

 

Brunnenposse hat weiter Vertrauen gekostet

In Dresdens Springbrunnen soll schnellstmöglich das Wasser sprudeln, hat der Stadtrat beschlossen. Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne) hatte angekündigt, aus finanziellen Gründen dieses Jahr nur acht von 99 Brunnen in Betrieb zu nehmen. Diese „gravierende Fehlentscheidung der Verwaltung“ gelte es unbedingt zu korrigieren, sagte BSW-Stadtrat Maurice Devantier nun in der Debatte – der Schaden sei aber bereits entstanden. Und zwar weniger deshalb, weil die Inbetriebnahme sehr spät komme: „Brunnenwetter“ habe ohnehin bisher selten geherrscht. Vielmehr sei wieder Vertrauen in staatliche Institutionen verlorengegangen und in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden, „dass unser Staat nicht mehr in der Lage ist, die einfachsten Vergnügungen der Allgemeinheit aufrechtzuhalten“.

„Man kann dabei die Brunnenposse als Lappalie und geradezu lächerliches Beispiel betrachten, wenn man es mit dem Agieren von Staatsorganen auf höherer Ebene vergleicht. Aber wir sind ja hier auf der kommunalen Ebene – und der Bürger unterscheidet das auch nicht – und wir liefern diesem Vertrauensverlust immer neue Nahrung.“

Der Fall reihe sich ein in weitere Beispiele, „die das Vertrauen der Bevölkerung in ein funktionierendes staatliches Handeln untergraben“. Die Folgen dieses Vertrauensverlustes für das Gemeinwesen könnten „nur negativ“ sein, so Maurice Devantier.

 

Statt Luftnummern: Ersatzneubau so schnell wie möglich

Soll die Carolabrücke in ganz anderer Gestalt neu entstehen? Oder vielleicht zunächst eine Behelfsbrücke an ihre Stelle treten, wie es die AfD beantragt hat? Nein, sagt das BSW. Anstelle städtebaulicher Fantasien oder Provisorien braucht Dresden eine maximal beschleunigte Wiederherstellung der Carolabrücke in ihrer bekannten Form, bekräftigte der Fraktionsvorsitzende Ralf Böhme im Stadtrat die BSW-Position. Zuletzt sei auch ein Rechtsgutachten zu dem „durchaus vorhersehbaren“ Ergebnis gekommen, dass das der zügigste und preisgünstigste Weg sei. Es müsse einiges schiefgelaufen sein, dass knapp neun Monate nach dem Teileinsturz überhaupt über kostspielige Übergangslösungen diskutiert werde. Die Verantwortlichen seien „in eine Art Dresden-Trott verfallen“. Der momentane Zustand „stiehlt uns allen Lebenszeit, verursacht immense Kosten und mindert die Lebensqualität“. Gefragt sei nun ein „sehr schneller finaler Beschluss des Stadtrats zur endgültigen Variante des Ersatzneubaus“. Dazu gebe es „keine Alternative“ – „im Interesse der Bürgerschaft, der Unternehmen und des Images der Stadt“.

Der Ersatzneubau solle nach jetzigem Stand 2027 beginnen, so Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne). Voraussetzung ist eine entsprechende Entscheidung des Stadtrats im Juni. Der AfD-Antrag wurde mit 49:22 Stimmen abgelehnt.

 

Mehr Investitionen in Menschen

Das Heinrich-Schütz-Konservatorium passt zum neuen Schuljahr seine Geschäftsbedingungen an und führt eine neue Entgeltordnung ein, mit der Eltern drei Prozent mehr zahlen müssen als bisher. Im Stadtrat wurde das ohne Gegenstimme beschlossen. Warum sich das BSW allerdings enthielt, begründete Stadtrat Dominik Hecker in seiner Rede. Denn einerseits hat das HSKD auf Grund äußerer Umstände kaum eine Wahl. Die sehr engagierte Leiterin Kati Hellmuth und ihr Team, so Dominik Hecker, seien „gezwungen, alle möglichen Register zu ziehen“. Und weiter: „Es geht um den Fortbestand der sehr breit gefächerten Ausbildung und dass man die erstklassigen Pädagoginnen und Pädagogen am Haus halten kann. Wir vom BSW stehen für den Erhalt des Status quo – die Qualität, die Vielfalt, die Reichweite.“

Gleichzeitig dürfe es nicht selbstverständlich sein, dass alles ständig teurer werde. Das gehe besonders auf Kosten von Familien mit Kindern. Auch in Dresden tue sich die soziale Schere immer weiter auf. „Diese Schere ist für mich sehr beängstigend, weil wir einfach einen wachsenden Teil der Bevölkerung ausklammern und isolieren.“ Preissteigerungen rückgängig zu machen oder gar Preise zu senken, sei gar kein Thema mehr.

„Ich fordere daher den Oberbürgermeister, die Bürgermeister und die Stadträte auf, zukünftig von weiteren Preiserhöhungen abzusehen – besonders im Bildungsbereich!“ Man müsse „lieber weniger in Betonkreditkategorien denken, sondern mehr an Investitionen in Menschen“.

 

Markt-Wirtschaft können private Betreiber besser

Die Grünen scheiterten im Stadtrat mit ihrem Antrag, die Dresdner Wochenmärkte zu rekommunalisieren, also sie wieder in die Hände der Stadtverwaltung zu legen. Bisher werden sie von der Deutschen Marktgilde per Konzession betrieben – und das ist auch gut so, findet das BSW. Warum, sagte Maurice Devantier in seiner Rede und ging dabei unter anderem auf die Entstehung der Märkte im Mittelalter ein. „Wir glauben, dass der Betrieb von Märkten auch heute besser, effizienter und kostengünstiger von Privaten durchgeführt werden kann als von der städtischen Verwaltung.“ Dabei stelle sich das BSW nicht gegen den Staat an sich. „Wir sind für ein staatliches Bildungs- und Gesundheitssystem und auch für staatliche Eingriffe in den Wohnungsmarkt. Aber den Betrieb von Wochenmärkten überlassen wir doch gerne den Privaten, als hierfür die städtische Verwaltung weiter aufzustocken.“

 

Die Reden im Livestream auf dem Webportal der Stadt:

Dominik Hecker 1:30:30-1:34:00

Maurice Devantier 1:56:00-1:59:15 und 5:14:30-5:18:00

Ralf Böhme 3:56:45-4:01:30